Ihr wollt den NUMP – uns doch egal!
Fußtritt für klimafreundliche Mobilität in Lüneburg - der Nachhaltige Urbane MobilitätsPlan wurde in der gestrigen Ratssitzung abgelehnt
Unbeeindruckt von Vermittlungsversuchen der Verwaltung, Apellen aus der Bürgerschaft, unzähligen Briefen und einer Demonstration für den NUMP am Sitzungsort hat der Rat der Hansestadt den NUMP-Prozess gestern beendet. Ein „Danke – das wars“ für die Beteiligung. Die Mobilitätsplanung für Lüneburg ist auf RESET gesetzt. Den in einem breiten Beteiligungsprozess erarbeiteten Zwischenstand „als übergeordneten Handlungsrahmen anzuerkennen“, ging dem Rat zu weit und wurde mit 19 zu 17 Stimmen bei einer Enthaltung in geheimer Wahl abgelehnt.
Nun soll die Verwaltung dem Mobilitätsausschuss „rechtzeitig vor Beginn der Haushaltsberatungen“ – also wohl 2027, denn für die derzeitige Haushaltsplanung 2025/2026 dürfte es zu spät sein – eine Liste konkreter einzelner Maßnahmen vorlegen, wobei „die Polizei und Vertreter der örtlichen Wirtschaft (Handwerkskammer, IHK, LCM) zur Bewertung der Sicherheits- und wirtschaftlichen Aspekte eingebunden werden sollen, um eine umfassende Prüfung der vorgeschlagenen Maßnahmen zu gewährleisten“. Weitere Stakeholder sollen nur noch insoweit beteilig werden, als in der Sitzung des Mobilitätsausschusses, in der die Maßnahmen ausgewählt und priorisiert werden, „auch Fragen und Anregungen von Einwohnerinnen und Einwohnern Lüneburgs zugelassen werden sollen“. Und als besonderes Bonbon für alle Interessierten: „Der räumliche Mehrbedarf ist bei der räumlichen Planung angemessen zu berücksichtigen“.
Damit offenbaren SPD, CDU und FDP wie fadenscheinig ihre Rufe nach einer „breiteren Interessenberücksichtigung“ sind, wann immer Pläne für Verkehrswendemaßnahmen in Lüneburgs politischen Gremien zur Debatte stehen. Bisher wurde gerne auf den NUMP verwiesen: anstelle von Einzelmaßnahmen, die wohlmöglich allein Partikularinteressen von Radfahrer:innen und Fußgänger:innen dienen könnten, sollte im NUMP in einem breiten Beteiligungsprozess ein umfassendes Planungskonzept unter Berücksichtigung der Interessen aller Verkehrsträger und Stakeholder entstehen. Im NUMP wurde wirklich jede:r beteiligt, der/die sich beteiligen wollte. Im Beirat des NUMP waren neben Radentscheid, VCD und ADFC ebenso Wirtschaftsvertreter wie IHK, Handwerkskammer, LCM, LMG, Lüneburger Gastronom:innen sowie der ADAC, die Polizei und andere beteiligt. Der Einwand von FDP und CDU, die Wirtschaft sei bisher nicht gleichberechtigt beteiligt und Wirtschaftsinteressen seien nicht berücksichtigt worden, ist einfach nicht wahr.
Dass sich einige trotz Einladung, wie SPD, CDU und FDP, nicht oder nur zögerlich am NUMP beteiligt haben und auf vielen Sitzungen einfach nicht präsent waren, ist schade. So konnte unter denjenigen, die sich mit dem NUMP bisher gar nicht befasst haben, auch keine Kenntnis oder Akzeptanz für den Prozess und dessen Zwischenergebnisse entstehen. Wortbeiträge einiger Ratsmitglieder in der Debatte im Rat ließen vermuten, dass sie möglicherweise nicht einmal verstanden hatten, dass der NUMP noch nicht abgeschlossen ist, bisher nur ein Zwischenergebnis und kein fertiges Konzept vorliegt, ein Abschlussbericht erst in 2025 ansteht, und die jetzige Beschlussvorlage lediglich dazu dienen sollte, für die weiteren Planungen Haushaltmittel in den aktuellen Haushaltsplanungen für den Doppelhaushalt 25/26 vorsehen zu können.
Die Verwaltung hatte die ursprüngliche Beschlussvorlage bereits mehrfach geändert, um den – aus der Luft gegriffenen – Bedenken von SPD, CDU und FDP Rechnung zu tragen, sie würden mit einer Zustimmung irgendwelche unbezahlbaren Verpflichtungen schaffen oder gar ein festsehendes Maßnahmenpaket beschließen. Die dafür gefundene Formulierung „Hierdurch wird keine Verbindlichkeit zur Umsetzung einzelner Maßnahmen hergestellt.“ fanden SPD, CDU und FDP jedoch weiterhin zu verbindlich. Dass ein FDP-Vertreter nach der langen Debatte im Rat unmittelbar vor der Abstimmung nachfragte, welche Fassung der Verwaltung eigentlich zur Abstimmung stehe, und hinterher eine Diskussion im Rat hierüber aufkam, offenbarte allerdings auch, dass viele Ratsmitglieder die Vermittlungsbemühungen der Verwaltung und die Vorlageänderungen gar nicht so genau verfolgt hatten.
Dass SPD, CDU und FDP ihren Änderungsantrag im Rat auch noch damit begründeten, die Verkehrswende könne nur dann erfolgreich sein, „wenn alle Beteiligten frühzeitig eingebunden werden und die Bevölkerung über die Notwendigkeit und Sinnhaftigkeit der Maßnahmen informiert ist“, ist an Hohn kaum noch zu übertreffen.
Traurig und fatal für Lüneburg. Ein vielversprechender Prozess ohne Abschluss, viele verbrauchte Ressourcen, viel vergangene Zeit, viel beschriebenes Papier, viel Verdruss – weiter geht’s.