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Auf der Höhe: Enge unter der Dominanz des Autos (Timo)

Rücksichtsvoll, humorvoll, aber entschlossen

Ruecksicht

Die Leserbriefe in der LZ, aber auch Gespräche mit den Lüneburger:innen zeigen, dass einige, vor allem ältere Menschen, das Verhalten von Radfahrer:innen im Straßenverkehr zum Teil rücksichtslos finden. Wir denken auch, dass Radfahrer:innen mehr Rücksicht untereinander und gegenüber Fußgängern nehmen und die Straßenverkehrsordnung beachten sollten. Umgekehrt fühlen sich viele Radfahrer:innen täglich durch rücksichtloses Fahren von Autofahrer:innen (zu wenig Abstand, Missachtung der Vorfahrt etc.) bedroht. Wir unterstützen den Einsatz von Fahrrad-Polizeistaffeln, die die Einhaltung der Verkehrsregeln von Rad- und Autofahrer:innen häufiger kontrollieren. Leider konnten wir diese Forderung nicht im Radentscheid formulieren, da die Aktivitäten der Polizei nicht in den Zuständigkeitsbereich der Gemeinde fallen.

Allerdings sollte man das Fehlverhalten einiger Radfahrer:innen und Autofahrer:innen auch nicht verallgemeinern. Vielmehr ist das Verhalten ja nicht durch das Verkehrsmittel bedingt, sondern durch den Menschen, der am Steuer bzw. Lenker sitzt. Tatsächlich könnten z.B. Radfahrende in der dunklen Jahreszeit durch angemessene Beleuchtung und Bekleidung ihre Fahrt sicherer machen. Und ein der Verkehrssituation angemessenes Tempo, die Beachtung von Ampeln und Regeln sollte für alle Verkehrsteilnehmenden selbstverständliche Grundlage sein.

Zu den Konflikten zwischen Verkehrsteilnehmern führt aber auch eine Verkehrsplanung, Verkehrspolitik und Gesetzgebung (z.B. StVO), die seit langer Zeit die autogerechte Stadt als Leitbild verfolgt und dementsprechend den Fuß- und Radverkehr auf Restflächen im Verkehrsraum abdrängt:

> die Radwege sind angesichts von schneller (Pedelecs) und teilweise auch breiter (Lastenräder, Anhänger) werdenden Fahrrädern viel zu schmal. Sie entsprechen schon lange nicht mehr den offiziellen Empfehlungen für Radverkehrsanlagen (ERA). Dadurch kommt es zu gefährlichen Überhol- und Ausweichmanövern, die auch den Gehweg und damit die Fußgänger betreffen.

> Kreuzungen sind unübersichtlich, Radfahrer:innen und Fußgänger sind durch parkende Autos für den fließenden Verkehr oft kaum sichtbar. Der Verlauf von Radwegen ist nicht deutlich, dadurch nehmen Autos Radfahrenden unbeabsichtigt die Vorfahrt und es kommt an Kreuzungen immer wieder zu Unfällen.

> Die verpflichtende gemeinsame Nutzung durch Radfahrer:innen und Fußgänger:innen von oft zu schmalen kombinierten Fuß- und Radwegen führt zwangsläufig zu gefährlichen Begegnungen

> Der mangelhafte Zustand vieler Radwege (Schlaglöcher, Baumwurzeln, Kanten etc.) führt zu Ausweichmanövern und gefährdet Fußgänger; diese Manöver werden auch durch Verkehrsschilder und Ampelmasten verursacht, die auf Rad- und Gehwegen platziert werden.

> Kfz-Parkplätze ohne ausreichenden Sicherheitsabstand zum Radweg können durch plötzlich öffnende Türen schwere Verkehrsunfälle verursachen.

> Auf dem Radweg parkende Kfz zwingen Fahrräder zu Ausweichmanövern, die auch Fußgänger:innen gefährden.

> Radwege fehlen teilweise oder enden unvorhersehbar, so dass Radfahrer an einigen Stellen (z.B. Schießgrabenstraße) nicht wissen, wie sie zu ihrem Ziel kommen sollen, ohne verbotenerweise den Radweg auf der falschen Seite zu benutzen

Wir wünschen uns von allen die Beachtung der Grundregeln der StVO:

(1) Die Teilnahme am Straßenverkehr erfordert ständige Vorsicht und gegenseitige Rücksicht.

(2) Wer am Verkehr teilnimmt hat sich so zu verhalten, dass kein Anderer geschädigt, gefährdet oder mehr, als nach den Umständen unvermeidbar, behindert oder belästigt wird.

Zum Schluss noch ein Appell an alle Radfahrer:innen, die sich angesichts der Gleichgültigkeit oder sogar ablehnenden Haltung vieler Bürger:innen gegenüber der Verkehrswende ohnmächtig fühlen. Lasst aus dem Gefühl der Ohnmacht keine Wut werden. Lasst uns friedlich und möglichst humorvoll, aber auch entschlossen, mit vielen Aktionen, Demonstrationen und Mitteln der Bürgerbeteiligung immer wieder auf die Missstände aufmerksam machen.

Denn viele wichtige politische Veränderungen wie zum Beispiel der Atomausstieg, die Einführung des Katalysators, das Verbot verbleiten Benzins und von FCKW, die Entscheidungen zum Klimaschutz, die Wende in der DDR hatten ihren Ursprung in dem Engagement einiger Menschen, die schließlich mit Argumenten die Mehrheit der Gesellschaft überzeugen konnten.