Die freudige Nachricht im Dezember wunderte uns! Lüneburg wurde als fahrradfreundlich ausgezeichnet? Wie kann das sein, wenn doch so wenig vorangeht bei der Umsetzung der von uns geforderten Maßnahmen? Wenn wir weiterhin durch Schlaglöcher fahren auf viel zu engen Wegen? Wenn wir an Bettelampeln stehen und an Kreuzungen selbst für unsere Sicherheit sorgen müssen? Und hatte nicht Lüneburg beim letzten ADFC-Fahrradklimatest erneut eher mäßig abgeschnitten?
Was steckt hinter dieser Auszeichnung?
Die Arbeitsgemeinschaft fahrradfreundliche Kommune Niedersachsen (AGFN) ermöglicht es ihren Mitgliedern, seit 2016 einen Antrag auf Zertifizierung zu stellen. Lüneburg ist seit einigen Jahren Mitglied in dieser Arbeitsgruppe, um ihre Maßnahmen für eine Verbesserung der Radinfrastruktur weiterzuentwickeln.
Für die Zertifizierung müssen verschiedene Fragen rund um das fahrradfreundliche Klima einer Stadt beantwortet werden. Hier geht es sowohl um strategische Grundlagen und Zielsetzungen, die verankert sind, um die finanzielle Ausstattung und die Öffentlichkeitsarbeit, aber auch um die Länge der zuletzt neu ausgebauten Radverkehrsanlagen oder die Anzahl der Fahrradstraßen. Ebenso wird nach der Unterhaltung von Radwegen und der Möglichkeit des Fahrradparkens gefragt. Auch die Förderung der Verkehrssicherheit, des Berufsradverkehrs und des Fahrradtourismus sind Kriterien.
Wenn die formalen Kriterien aus dem Antrag überprüft sind, entscheidet eine Jury, ob die Kommune bereist oder zur Präsentation nach Hannover eingeladen wird.
Im Dezember 2024 wurde der Hansestadt Lüneburg das Zertifikat zugesprochen und von Verkehrsminister Olaf Lies übergeben.
Die Auszeichnung sei immer sowohl Bestätigung als auch Ansporn für weitere Bemühungen im Bereich der Fahrrad-Mobilität.
Für Lüneburg sprachen wohl vor allem das gut ausgebaute Bikesharing-Angebot und die in der Radverkehrsstrategie geplanten Maßnahmen wie der Fahrradstraßenring, an denen kontinuierlich gearbeitet werde.
Der zweijährlich stattfindende Fahrradklimatest des ADFC von 2022 (2024 ist noch nicht ausgewertet) ergab für Lüneburg hingegen die Durchschnittsnote 3,85 (2020: 4,04) und die Stadt landete im Ranking auf Platz 34 (2020: Platz 59). Zwar schlagen sich hier einige Verbesserungen nieder, aber was die Breite und Oberflächen der Radwege angeht, sprechen die Bewertungen der Radler:innen noch immer eine deutliche Sprache und vergeben die Noten 5,1 bzw. 4,9.
Aus unserer Sicht muss sich Lüneburg, besonders die politischen Parteien im Rat, tatsächlich anstrengen, um dem Titel Fahrradfreundliche Kommune, der noch bis 2029 bestehen bleibt, gerecht zu werden. Sollten bis dahin den ganzen Strategiepapieren nicht ausreichend Taten gefolgt sein, wäre das richtig peinlich!